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Die Corona-Pandemie – höhere Gewalt? Oder doch nicht!?

Vielerorts wird sich nun auf „höhere Gewalt“ berufen – zum Teil um konkrete Leistungspflichten aktuell oder dauerhaft zu verweigern, zum Teil rein vorsorglich in generellen Ankündigungen. Die Frage ist aber: Kann man sich rechtlich in dieser Krise auf „höhere Gewalt“ berufen und deshalb geschuldete Leistungen verweigern?

Die Corona-Pandemie ist das alles beherrschende Thema der letzten Wochen. Die mit der Pandemie verbundenen, zum Teil unterschiedlichen behördlichen Maßnahmen in allen Ländern der Welt, vor allem aber auch in der Europäischen Union, der Bundesrepublik und den einzelnen Bundesländern, gehen an keinem Bereich der Wirtschaft spurlos vorüber. Dies gilt natürlich auch für die Baubranche und deren Zulieferer.

Vielerorts wird sich nun auf „höhere Gewalt“ berufen – zum Teil um konkrete Leistungspflichten aktuell oder dauerhaft zu verweigern, zum Teil rein vorsorglich in generellen Ankündigungen, teilweise aber auch mit der nachvollziehbaren Begründung, die eigenen Mitarbeiter schützen zu wollen. Die Frage ist aber:

Kann man sich rechtlich in dieser Krise auf „höhere Gewalt“ berufen und deshalb geschuldete Leistungen verweigern?

Rechtlich gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort. Zwar dürfte die Corona-Pandemie durchaus als höhere Gewalt einzustufen sein. Aber unser Schuldrecht kennt höhere Gewalt nicht ausdrücklich als Tatbestand einer Risikoregelung, z.B. als Leistungsverweigerungsrecht, sondern nur in anderen Zusammenhängen wie dem Verjährungsrecht.

Als Leistungsverweigerungsrecht in Frage käme zwar grundsätzlich denkbar die Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 BGB in Folge behördlicher Anordnungen, z.B. Kontaktverbote, Reisebegrenzungen etc. Für die Unmöglichkeit fehlt es allerdings zumeist an der Dauerhaftigkeit des Leistungshindernisses. Denn alle Maßnahmen der Behörden sind – Stand jetzt zumindest – nicht auf Dauer

Kann ein Vertragspartner tatsächlich wegen Corona nicht oder nur verspätet leisten, schützt ihn im Rahmen unseres Schuldrechts möglicherweise aber das fehlende Verschulden vor Haftung. Denn eine Haftung für Verzugsschäden und auch sonstige Schäden setzt ein solches Verschulden voraus.

Sofern vertraglich die Geltung der VOB/B vereinbart wurde, stellt höhere Gewalt nach § 6 II Nr. 1. c VOB/B einen Behinderungstatbestand dar. Eine solche wäre dem Vertragspartner anzuzeigen.

Allerdings schützt eine generelle „Behinderungsanzeige“ mit Verweis auf die Pandemie nicht generell, auch nicht vor einem Verschulden im Sinne des Schuldrechts, da die aufgetretene Behinderung dennoch selbstverschuldet sein kann, z.B. durch falsche Personaldisposition, zu späte Materialbestellungen, Kapazitätsbindung durch Mängelbeseitigung, etc., oder aber weil auch teure Ersatzbeschaffungen möglich und zumutbar sind. Der Auftragnehmer muss zudem zumindest den konkreten Zusammenhang der Behinderung mit der Corona-Pandemie nachweisen. Kann der Auftragnehmer dies, sollte er zumindest eine Fristverlängerung erhalten können. Die Rechtslage hier ist jedoch unklar und die Einzelfälle weichen zum Teil erheblich voneinander ab, so dass generelle Aussagen schwierig sind.

Hinzu kommt die bisher fehlende Rechtsprechung. Legt man die bisherige zugrunde, könnten sich folgende Ergebnisse ergeben: So könnte es nach der Rechtsprechung des BGH an einer unterlassenen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers fehlen, wenn eine Behörde eine Einstellung der Arbeiten des Auftragnehmers auf dem Grundstück des Auftraggebers verfügt. (BGH, Urteil v. 20.4.2017 – VII ZR 194/13). Ob in diesen Fällen Entschädigungsansprüche bestehen, dürfte fraglich sein. Anders könnte dies bei Fehlenden Vorleistungen des Vorunternehmers sein, weil der Auftraggeber in diesem Fall das Baugrundstück nicht als für die Leistung des Auftragnehmers aufnahmebereit zur Verfügung stellt (BGH, Urteil vom 21. 10. 1999 - VII ZR 185/98). Ob der Vorunternehmer aufgrund der Pandemie oder eigenverschuldet nicht leistet, spielt insoweit eigentlich keine Rolle. Möglicherweise wird der BGH seine Rechtsprechung jedoch für derartig schwerwiegende Ereignisse wie die derzeitige Pandemie jedoch überdenken.

Angesichts der unklaren Rechtslage und hohen Nachweisanforderungen für den Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bleibt hier die weitere Entwicklung auch der Rechtsprechung zu diesem Thema abzuwarten. Gegebenenfalls wäre es für die Parteien ratsam, sich partnerschaftlich zu verhalten und einvernehmlich zu einigen.

Daniel von Oldershausen, Fachanwalt für Bau- und Archiktektenrecht

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