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Kostenerstattung für Mängelbeseitigung – Muss wirklich immer eine Frist gesetzt werden?

Auftraggeber und Bauunternehmer streiten sich häufig um die Frage, wer die Kosten für die Beseitigung der Mängel und der Mängelfolgeschäden zu tragen hat. – Muss zuvor wirklich immer eine Frist gesetzt werden?

Neben der häufig zu klärenden Frage, ob die von dem Auftraggeber verlangten Beträge zur Beseitigung erforderlich waren, wird hierbei häufig um die Frage der rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung der Schäden und Kosten. Eine der häufigen übersehenen und oft unterschätzten Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch ist die Fristsetzung.

Aber unter anderem in § 637 Abs. 1 BGB fordert das Gesetz von dem Auftraggeber, dass dieser dem Unternehmer zunächst erfolglos eine Frist zur Mangelbeseitigung setzen muss, um einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Mangelbeseitigung zu haben. Auch das allgemeine Schadenersatzrecht fordert für den sogenannten Schadenersatz statt der Leistung in § 281 BGB eine Fristsetzung. Fristsetzung bedeutet, eine ernsthafte und eindeutige Aufforderung zur Leistung beziehungsweise Nacherfüllung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wird diese vergessen oder übersehen, dass eine Frist gesetzt werden müsste, kann dies im schlimmsten Fall zum Verlust der Ansprüche des Auftraggebers führen.

Aber ist eine Fristsetzung wirklich immer erforderlich?

Nein, nicht in jedem Fall – wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 20.11.2018 (Urteil vom 20.11.2018 - 2 U 37/17) zeigt. In dem zugrunde liegenden Fall war der Unternehmer mit Sanierungsarbeiten am Dach einer Gewerbeimmobilie beauftragt. Wenige Monate nach der Abnahme stürzte das Dach bei starken Niederschlägen ein. Die Havarie ist auf Planungs- und Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen. So hat Unternehmer versäumt, in ausreichender Anzahl Notüberläufe einzurichten. Zudem wurden die vorhandenen Dachabläufe mit Fasern einer vom Unternehmer selbst eingebauten Dachschweißbahn verstopft. Der Auftraggeber ließ den Schaden nicht beseitigen und verklagte den Unternehmer zunächst auf Schadensersatz in Höhe fiktiver Reparaturkosten von rund 110.000 €. Nachdem der BGH (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17) die Abrechnung nach fiktiven Reparaturkosten für unzulässig erklärte, stellte der Auftraggeber seine Schadensberechnung um. Auf der Grundlage eines Verkehrswertgutachtens verlangte er für das - mittlerweile verkaufte - Grundstück schadensbedingt einen Mindererlös von rund 290.000 €.

Eine Frist zur Nacherfüllung wurde von dem Auftraggeber jedoch nicht gesetzt. Dennoch wurde der Unternehmer zur Zahlung verurteilt. Einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber bedurfte es nach Ansicht des Oberlandesgerichts Oldenburg nicht. Denn bei dem Mindererlös handelt es sich um sogenannte Mangelfolgeschäden, also solche Schäden, die der Auftragnehmer im Wege einer Nacherfüllung nicht beseitigen kann. In diesem Falle wäre eine Fristsetzung also sinnlos. Daher muss der Auftraggeber keine Frist zur Nacherfüllung setzen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg wurde durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 16.12.2020 - VII ZR 263/18) rechtskräftig.

Der Fall zeigt, dass dem Erfordernis der Fristsetzung in jedem Einzelfall verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Nur weil eine Frist nicht gesetzt wurde, kann sich der Auftragnehmer nicht in Sicherheit wiegen. Allerdings ist auch auf Seiten des Auftraggebers Vorsicht geboten. Im Zweifelsfall sollte immer eine Frist gesetzt werden.

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